Berggorillas in Uganda Teil 1



Ich wollte langsam ankommen - in Uganda, einem Land in dem zwanzig Jahre lang Plünderung, Folter und Mord zum Alltag gehörten. Das alles war ein paar Jahre her, und doch verursachte es mir ein flaues Gefühl im Magen.
So flog ich zuerst nach Kenya, nach Nairobi. Flughafen Jomo Kenyatta International. Als die schwere Eisentür sich öffnete kam mir der Geruch von feuchter Erde entgegen. Es hatte gerade geregnet.

In der Gepäckhalle zog ich meinen Rucksack vom Laufband. Ein Minibus brachte mich über eine breite Straße ins Zentrum. Das Gefährt kam auf einem buckligen Gelände zum stehen. Endstation Busbahnhof. Es herrschte ein geschäftiges Kommen und Gehen. Dicht gedrängt Reisende und Gepäckstücke: Kartons, Taschen, sogar Möbel. Dazwischen Kinder die Wasser, Coca Cola, Bananen, selbst zubereitete Speisen, geröstete Maiskolben, süße Krapfen zum Verkauf anboten. Anmutig trugen sie ihre Waren auf dem Kopf.
Ich überquerte den City Markt, bog Tubman Road ein und begab mich zum Embassy Hotel, das mir von früheren Reisen bekannt war. Karibu Kenya. An der Rezeption, ein freundlicher Mann in orientalischer Kleidung hieß mich willkommen.
Im zweiten Stock betrat ich ein einfaches und sauberes Zimmer. Durch das geöffnete Fenster drang aus einer Küche im Innenhof das Geräusch von klappernden Töpfen. Kurz nach 19.00 Uhr tauchte der Himmel sehr schnell in ein dunkles Blau und es wurde im Handumdrehen dunkel. Am Äquator gibt es keine Verschiebung der Hell- und Dunkelphasen. Das ganze Jahr über herrschen zwölf Stunden Tag, zwölf Stunden Nacht.
                                                     
                                                                             

Rom, Piazza Navona

                                                                                                                 
Es ist 19.00 Uhr. Nach einem heißen Tag füllt sich das Oval der Piazza. Römer bei ihrem Abendspaziergang, Kinder die auf Marmorbänken ihr Gelato schlecken, Touristen auf der Suche nach einem Platz wo sie ihre müden Beine ausstrecken und was essen können. Manche lassen von sich von den Malern auf dem Platz ein Portrait oder eine Karikatur anfertigen. Musik tönt über den Platz.
Langsam treffen die Straßenhändler ein. Alle kommen sie aus dem Senegal. Es sind Brüder, Cousins, Freunde, allesamt Söhne senegalesischer Fischer und Bauern - die Opfer der Globalisierung. Sie können ihre Waren nicht mehr auf dem Markt verkaufen. Billige Produkte aus Europa überschwemmen ihr Land, und schwimmende Fischfabriken fischen die Meere leer. So kratzen die Familien alles Geld zusammen um ihre Söhne übers Meer nach Europa zu schicken, in der Hoffnung, dort das nötige Geld zu verdienen um die Familie zu ernähren. Viele von ihnen kommen nie an, einige landen im Süden von Spanien, leben dort unter einem Meer aus Plastik um Tomaten zu ernten. Andere landen in den Metropolen Europas, wie hier auf der Piazza Navona und leben vom Verkauf von Taschen, Gürtel, Sonnenbrillen. Imitationen von Armani, Prada und Gucci und Co.

 

Gerade haben sie ihre Ware auf weißen Tüchern am Boden ausgebreitet, als der Wagen der Finanzpolizei auf dem Platz vorfährt. Geschwind raffen sie die Tücher mit Inhalt an vier Enden zusammen und ver-schwinden für eine Weile in den Seitengassen.
Die Frau, neben mir auf der Bank sehe ich mehrmals die Woche. Nach der Arbeit kommt sie oft hier vorbei, um wie ich dem bunten Treiben zuzuschauen. Sie arbeitet für die Carabinieri. Über die Händler aus dem Senegal denkt sie pragmatisch. Wenn man ihnen die Möglichkeit Geld zu verdienen nimmt, stehlen sie, sagt sie. Was also ist schlimmer?

Rom, Piazza Firenze im Oktober

Ich sitze mit einem Cappuccino vor einer Bar auf der Piazza Firenze. Ein herzzerreißendes Fiepen reißt mich aus meinen Gedanken und lenkt meine Aufmerksamkeit in eine Seitengasse. Ein kleiner schwarzer Welpe rennt verstört die Gasse auf und ab, wirft sich jedem der entlang kommt, verzweifelt vor die Füße. Ich stehe auf und nähere mich der Szene. Es ist ein kleiner stämmiger Kerl mit wuscheligem Fell. Den Pfoten nach zu urteilen, wird er bestimmt einmal eine stattliche Größe erreichen. Mit Sicherheit wurde er ausgesetzt. Eine alte Römerin in Pantoffeln tritt aus dem Bäckerladen, schaut überrascht und beginnt laut über die Oberflächlichkeit der Menschen zu lamentieren. Mehrmals beteuert sie, dass sie den Hund nicht nehmen kann. Sie hat schon einen Hund. Sie hält die Hand ungefähr in der Höhe ihres Knies. So groß ist er, sagt sie. Mit einem aufordernden Blick meint sie auf einmal, daß ich ihn doch nehmen könnte. Ich winke ab, erkläre ihr dass ich Touristin bin und ihn auch nicht nehmen kann. Getrieben springt der Kleine verzweifelt hin und her. Motorinos schießen über das Kopfsteinpflaster. Etwas ratlos versuche ich ihn von der Straße fernzuhalten. Doch er ist zu panisch, lässt sich immer nur für kurze Zeit ablenken. Ich glaube, er weiß, dass es um alles geht. Immer mehr Menschen bleiben stehen und  beratschlagen hilflos über das was zu tun sei. Zwei Herren in dunkelblauen Anzügen treten aus dem gegenüberliegenden Haus. Die alte Römerin beginnt von neuem über die Schlechtigkeit der Menschen zu schimpfen und fordert die Beiden auf etwas zu unternehmen. Der kleine Kerl will ständig wegrennen. Die Männer in den Anzügen debattieren kurz miteinander. Einer macht dem Treiben ein Ende. Er öffnet den Kofferraum seines Autos das vor der Tür steht, setzt den kleinen Hund hinein, läßt aber den Deckel auf. Der andere wählt eine Nummer auf seinem Handy und spricht eine Zeit lang mit jemand. Dann warten sie. Kurze Zeit später kommt eine junge Frau auf einem roten Motorino daher. Sie hebt den Kleinen aus dem Kofferraum, drückt ihn liebevoll an sich und steckt ihn dann in eine verschließbare Korbtasche die sie auf dem Motorino zwischen ihre Beine klemmt und davon braust. Ihre schwarzen Haare wehen im Wind. Erleichtert löst sich die Versammlung auf.